Die Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig, Jahrgang 1947, sind das Ergebnis eines langen Schaffensprozesses, in dessen Verlauf er sich stets mit Fragen der jüngeren deutschen Vergangenheit auseinandersetzte. So legte er 1990 eine ,,betextete“ Farbspur entlang der Deportationsstrecke von den Wohnorten Kölner Sinti und Roma zu ihrem Deportationsort in Köln an. Aus dieser Aktion heraus entstand die Idee der Stolpersteine, die ersten 250 wurden 1994 in einer Kölner Kirche ausgestellt, kurze Zeit danach wurden sie im Januar 1995 in Köln ohne Genehmigung der Verwaltung verlegt, mit behördlicher Zustimmung erfolgte eine Verlegung dann im Jahr 2000 wiederum in Köln.

Die Verlegung der Steine erfolgt nicht auf dem Friedhof oder an einer ruhigen Stelle der Stadt, sondern genau vor der Wohnung des Betroffenen, denn hier nahm das Verbrechen seinen Anfang, hier erhielten die Menschen per Post ihre Deportationsanordnungen. Die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft lebten nicht irgendwo abgeschottet in einem Ghetto, sondern mitten unter den Menschen, zu denen sie in den Jahren davor zumindest einen normalen nachbarschaftlichen Kontakt hatten und die nach Ende der Gewaltherrschaft häufig behaupteten, sie hätten von der gewaltsamen Entfernung der Opfer nie etwas erfahren. Mit Einlieferung in ein Konzentrationslager verloren die Menschen ihre Individualität, sie wurden ihres Namens beraubt und wurden fortan als Nummern geführt. Der kleine Gedenkstein erinnert an Menschen, die einen Namen hatten, der ihnen nun wieder zurückgegeben wird. Neben diesen eher politisch-historischen Überlegungen, die für eine Stolperstein-Verlegung sprechen, gibt es aus der Sicht Demnigs auch Aspekte, die eher emotionaler, psychologischer Natur sind:

Um den Text auf dem Stolperstein lesen zu können, muss sich der Betrachter nach unten beugen, man kann darin auch eine symbolische Verbeugung vor den Opfern sehen. Stolpersteine sollen den einzelnen Menschen nicht physisch aus dem Gleichgewicht bringen, sondern eher psychisch, der Betrachter soll mit dem ,,Kopf und dem Herzen stolpern“.

Der einzelne Stolperstein ersetzt nicht das Grab, aber es ist ein Ort, an dem zumindest die Angehörigen trauern können. Sie können aber auch der Beginn einer Phase der Klärung und Auseinandersetzung sein.

Mehr über den Künstler erfahren Sie auf seiner Website, bei wikipedia und auf der Projektseite Stolpersteine.

Dietrich Banse

Zur Person: *6.April 1945, Studium an der Pädagogischen Hochschule Lüneburg, Lehrer von 1971-2008. Gründungsmitglied der Geschichtswerkstatt Uelzen e.V. Schwerpunkte: Geschichte der Uelzener Juden, Uelzen in der Zeit zwischen 1918 – 1945. Sowie Mitarbeit in anderen regionalen Geschichtsvereinen.